
Bernadette Felsch (ADFC), Jill Warren (ECF) und Eva Mahling (ADFC) © ADFC Bayern
So geht Fahrrad in Europa
Beim 40. ADFC-Mittaggespräch stand alles im Zeichen der europäischen Lobbyarbeit fürs Fahrrad.
Am heißesten Tag des Jahres 2025 war Jill Warren der Einladung gefolgt, als Gastrednerin einen Vortrag über die Lobbyarbeit fürs Fahrrad auf europäischer Ebene zu halten. Die scheidende CEO der European Cyclists‘ Federation (ECF) – dem Zusammenschluss von Radverbänden mit dem Ziel der gemeinsamen Lobbyarbeit fürs Radfahren – hatte in Pandemiezeiten die Chancen des Fahrradbooms genutzt und mit ihrem Team so erfolgreich lobbyiert, dass die Europäische Union nicht nur die Radmitnahmemöglichkeit in Fernzügen zu Pflicht gemacht, sondern auch die „European Cycling Declaration“ verabschiedet hat. Damit hat die EU das Fahrrad als vollwertiges Verkehrsmittel anerkannt, das einen strategischen Ansatz auf EU-Ebene verdient.
Europäische Erklärung zum Radverkehr: Ziele und Bedeutung
Ihren Vortrag begann Jill mit einem Exkurs zur Europäischen Erklärung zum Radverkehr. Diese ist ein ambitioniertes Dokument der EU, das das Fahrrad als emissionsfreies Verkehrsmittel in den Fokus der Europapolitik rückt und einen wichtigen Schritt zur Senkung der Verkehrsemissionen darstellt. Die Erklärung wurde 2024 von der EU-Kommission, vom Europaparlament und den Mitgliedstaaten unterzeichnet und enthält acht Leitsätze und 36 konkrete Bekenntnisse zum Radverkehr und zur Fahrradwirtschaft. Sie soll einen Beitrag zum Erreichen des EU-weiten Ziels der Treibhausgasreduktion von 55 Prozent im Jahr 2030 und der Klimaneutralität 2050 leisten. Die Erklärung fungiert als strategischer Leitfaden und Rahmen für eine fahrradfreundliche Politik, für Fahrradförderung und Finanzierung mit dem Ziel, das volle Potenzial des Radverkehrs in der EU auszuschöpfen. Sie gilt als die bislang ambitionierteste Initiative der EU-Kommission zum Thema Radverkehr und adressiert alle Aspekte von der Infrastruktur über Sicherheit bis hin zur Wirtschaftsförderung. Die Erklärung hat keinen verbindlichen Charakter, ist aber dennoch ein wirksames Instrument mit klarer interinstitutioneller Unterstützung.
Rad und Bahn: Erkenntnisse aus „Cyclists Love Trains“
Weiter ging es in Jills Präsentation mit dem in Fahrradkreisen nicht unumstrittenen Thema der Radmitnahmemöglichkeiten in Fernzügen, wozu der ECF eine interessante Studie namens „Cyclists Love Trains“ verfasst hat. Die topaktuelle Studie der European Cyclists' Federation zeigt wichtige Entwicklungen für Radreisende auf: Die Analyse von 67 europäischen Fernverkehrsbahnbetreibern ergab, dass die Schweiz (SBB) und Belgien (NMBS/SNCB) mit jeweils 88 Punkten als Spitzenreiter die fahrradfreundlichsten Bahnen Europas betreiben. Europäische Bahnbetreiber bieten durchschnittlich vier Stellplätze für Fahrräder pro Zug, wobei jedoch noch 13 Betreiber (19,4%) überhaupt keine Fahrräder in ihren Fernzügen zulassen. Positiv ist, dass seit 2021 fast das gesamte neu angeschaffte Fernverkehrsrollmaterial für die Fahrradmitnahme ausgestattet ist. Die größten Herausforderungen bleiben internationale Verbindungen, Hochgeschwindigkeits- und Nachtzüge, wo die Fahrradmitnahme noch problematisch ist.
Neue Fahrgastrechte ab Juni 2025: Was sich verbessert
Jill Warren stellte einen Lichtblick in Sachen Rad und Bahn in Aussicht: Mit dem Inkrafttreten der EU-Verordnung über Fahrgastrechte im Eisenbahnverkehr im Juni 2025, die erstmals eine gesetzliche Mindestzahl von Fahrradstellplätzen pro Zug festlegt, könnte sich die Situation für Radreisende weiter verbessern.
Austausch und Ausblick
Trotz der hohen Temperaturen im Raum des Deutschen Museum Verkehrszentrums blieben die zahlreichen Gäste auf ein kühles Getränk, um offene Fragen zu klären, zum Netzwerken und um sich einfach nett zu allen möglichen Themen rund ums Fahrrad zu unterhalten. Wir freuen uns schon auf das nächste ADFC-Mittaggespräch!












