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41. ADFC Mittagsgespräch: Ein Blick auf die versteckten Kosten unserer Mobilität
Die Referentin Nienke Buters ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Marketing und Technologie der TU München und berichtete über ihre Forschungsergebnisse zum sogenannten Mobi-Score.
Den Auftakt zur Veranstaltung gab die Vorsitzende des ADFC Bayern, Eva Mahling. Sie begrüßte die Gäste und die Referentin und führte mit interessanten Fragen an die Rednerin zur Präsentation über. Nienke Buters gab dann spannende Einblicke in ihre Forschung zum Mobi‑Score, einem Kennzeichnungssystem, das die versteckten Kosten unserer Mobilität sichtbar machen soll. Die Präsentation zeigte eindrucksvoll, wie stark Verkehr unser Leben beeinflusst, und zwar weit über das hinaus, was wir an der Zapfsäule oder im ÖPNV‑Abo bezahlen.
Versteckte Kosten: Wer zahlt für unsere Mobilität wirklich?
Buters machte gleich zu Beginn klar: Mobilität kostet und ein großer Teil dieser Kosten landet eben nicht auf dem eigenen Kontoauszug. Neben bekannten Posten wie Sprit, Tickets oder Fahrradwartung und -reparaturen entstehen zahlreiche externe Kosten, über die im Alltag kaum jemand nachdenkt.
Dazu zählen unter anderem Zeitverluste durch Stau oder Umwege (z. B. an Bahnübergängen), gesundheitliche Folgen von Lärm, Luftverschmutzung und Verkehrsunfällen sowie Umweltkosten wie Klimaschäden und Flächenverbrauch. Diese gesamtgesellschaftlichen Belastungen tauchen in kaum einer individuellen Mobilitätsentscheidung. Hier setzt die Forschung zum Mobi‑Score an.
Drei Kostenkategorien im Fokus
Um die wahren Auswirkungen unseres Verkehrsverhaltens besser greifbar zu machen, arbeitet der Mobi‑Score mit drei einfachen, aber wirkungsvollen Kostenkategorien:
- Zeit: Kosten, die durch Stau oder Zeitverluste wegen Umwegen entstehen oder die durch räumliche Barrieren (z.B. Bahnübergänge) verursacht werden
- Gesundheit: Kosten, die durch Unfälle, Lärm- und Luftverschmutzung entstehen
- Umwelt: Kosten, die durch Klimaschäden und Flächenverbrauch entstehen
Ein Ampelsystem von A bis E soll Nutzer:innen künftig helfen, Mobilitätsoptionen intuitiv vergleichen zu können, ähnlich wie beim Nutri‑Score oder Energielabel.
Warum ein Mobilitäts-Label nötig ist
Aus der Verhaltensforschung weiß man: Ohne Bewusstsein keine Verhaltensänderung.
Labels helfen, komplexe Informationen schnell erfassbar zu machen. Buters zeigt in ihrer Präsentation auf, dass es für Verkehr bisher kein einfaches, alltagsnahes Bewertungsinstrument gibt. Der Mobi‑Score schließt damit eine wichtige Lücke: Er schafft Transparenz und ermöglicht, externe Kosten bei Entscheidungen tatsächlich mitzudenken.
Wie der Mobi‑Score genutzt werden kann
1. Für Bürger:innen – versteckte Kosten sichtbar gemacht
Ein zentrales Ergebnis der Forschung ist ein Online‑Tool, das individuelle Wegeanfragen analysiert und bewertet. Wer eine Route plant, soll direkt sehen können, welche externen Kosten mit verschiedenen Verkehrsmitteln verbunden sind. Der Mobi-Score könnte zum Beispiel zeigen, wie Bikesharing, Scooter-Sharing oder Carsharing im Vergleich zu einem privat genutzten Fahrzeug abschneidet. Die bessere Bilanz von Sharing-Angeboten könnte Nutzerinnen und Nutzer motivieren, diese Angebote weiterhin oder sogar öfter zu nutzen. Langfristig kann der Mobi‑Score auch in Routenplaner oder Mobilitäts‑Apps integriert werden.
2. Für Kommunen – Maßnahmen vergleichen und besser bewerten
Gerade politische Entscheidungsträger:innen haben oft wenig Zeit und nicht immer einen Mobilitätshintergrund. Der Mobi‑Score kann hier helfen, indem er Maßnahmen wie Radwegeausbau, Tempo‑30‑Zonen oder neue Sharing‑Angebote vergleichbar macht.
Im Münchner Umland läuft hierzu bereits ein Kooperationsprojekt: Ein Berechnungstool ermittelt, wie viel externe Kosten durch konkrete Maßnahmen eingespart werden könnten.
3. Für Immobilien und Unternehmen – Standorte zertifizieren
Standorte, ob Wohnquartiere oder Firmengebäude, sind je nach ihrer Erreichbarkeit und den entstehenden Mobilitätskosten unterschiedlich attraktiv für Menschen. Ein guter Mobi‑Score kann Unternehmen ein nachhaltigeres Image geben, Bürgerinnen und Bürgern dabei helfen, mobilitätsfreundliche Wohnorte zu finden und auf Immobilienportalen eine Orientierung bieten.
Der Vortrag von Nienke Buters zeigte eindrucksvoll, wie wichtig Transparenz für die Verkehrswende ist. Externe Kosten beeinflussen Gesundheit, Klima und Lebensqualität und bleiben dennoch meist unsichtbar. Der Mobi‑Score könnte dies ändern: als leicht verständliches Label, als Planungsinstrument und als Orientierung für eine mobilitätsfreundliche Zukunft.
Die vielen Fragen der geladenen Gäste im Anschluss an die Präsentation sorgten weiter für Gesprächsstoff und machten deutlich, welche unterschiedlichen Anwendungsmöglichkeiten der Mobi-Score bieten kann und auch, wo mögliche Grenzen des Systems liegen.
Den Vortrag als Aufzeichnung gibt es auf unserem YouTube-Kanal. Weitere Informationen zum Mobi-Score können im Podcast „Future Moves“ angehört werden.













