Ein Jahr Bayerisches Radgesetz – ADFC Bayern zieht Bilanz
Anstelle des vom Radentscheid Bayern vorgelegten Gesetzentwurfs ist vor 1 Jahr das „Gesetz zur Stärkung des Radverkehrs in Bayern“ in Kraft getreten. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) Bayern zieht eine erste Bilanz mit Licht und Schatten.
Seit 1. August 2023 hat Bayern ein Radgesetz. „Es passiert endlich etwas beim Thema Radverkehr“, sagt Bernadette Felsch, Vorsitzende des ADFC Bayern, „z.B. gibt es mehr Geld und Personal. Das gerade mal zweieinhalbseitge Radgesetz an sich ist allerdings wenig ambitioniert.“
Ohne Radentscheid Bayern kein bayerisches Radgesetz
Der ADFC Bayern hatte sich schon zur Landtagswahl 2018 für ein bayerisches Radgesetz eingesetzt, das Zuständigkeiten, Verfahren und Standards so regeln sollte, dass der Ausbau der Radinfrastruktur zügiger vorangeht. 2022 haben der ADFC Bayern und seine Bündnispartner dann die Volksbegehrensinitiative „Radentscheid Bayern“ gestartet und einen Radgesetz-Entwurf vorgelegt. Zwar hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof das Volksbegehren vorzeitig gestoppt, über 100.000 Unterstützungsunterschriften in nur 4 Monaten haben aber deutlich gemacht, dass sich sehr viele Menschen in Bayern eine bessere Radverkehrsförderung wünschen. Aus diesem Grund haben CSU und Freie Wähler noch vor der letzten Landtagswahl eilig ein Radgesetz verabschiedet.
Nicht viel Neues im Radgesetz
In den wenigen Artikeln dieses Radgesetzes finden sich viele Punkte, die bereits vorher geregelt waren. Beispielsweise die Planung eines bayernweiten Radwegenetzes. Auch für die einheitliche Beschilderung von Radwegen gibt es bereits seit vielen Jahren eine bundeseinheitliche Regelung. Und die schulische Verkehrserziehung mit dem Fahrradführerschein in der Grundschule ist ebenfalls nicht neu.
Mehr Abstimmungen mit Kommunen
Positiv bewertet der Fahrradclub, dass Radwege auch gefördert werden können, wenn sie nicht entlang von Landstraßen verlaufen und dass lange nur versprochene Vorhaben nun endlich umgesetzt werden – wie z.B. der kürzlich eröffnete erste Teilabschnitt der Radschnellverbindung Garching-München. Auch gibt es nun mehr Abstimmungen mit Kommunen und Radverkehrsexperten. Das sei auch dringend nötig, denn gerade beim Radwegenetz außerhalb von Ortschaften bestehe großer Nachholbedarf, stellt Bernadette Felsch fest: „An über der Hälfte der Verbindungen zwischen Ortschaften gibt es keinen Radweg.“ Kommunen hätten bei Planung und Bau von Radwegen zu lange kaum Unterstützung erfahren.
Radallianz Bayern wird endlich einberufen
Laut Längenstatistik des Bundesverkehrsministeriums[1] gibt es Ende 2023 in Bayern nur 22 Kilometer mehr Radwege an überörtlichen Straßen als Ende 2022. Mit einem solchen Zubau-Tempo würde selbst das ohnehin wenig ambitionierte Ziel von 1.500 km bzw. 91 m Radweg pro Jahr und Gemeinde verfehlt. Das zweite große Ziel im Radgesetz, ein 1-Euro-Fahrradticket, sollte die Radmitnahme im öffentlichen Verkehr vereinfachen. Leider ist derzeit das Gegenteil der Fall: Weil das Ticket zusätzlich zu den bisherigen Radltickets angeboten wird, viele Ausschlusstatbestände hat und mit dem Namen BaSTi (R) nur schwer zu finden ist, ist es nun noch komplizierter, ein Fahrradticket zu erwerben. „Bayern schneidet bei der Kombination Rad & Bahn im bundesweiten Vergleich besonders schlecht ab, das hat die Rote Laterne beim Fahrradklima-Test 2022 abermals gezeigt“, so die ADFC-Vorsitzende. Unter anderem deshalb sei wichtig, dass endlich die im Gesetz versprochene Radallianz einberufen werde. Das soll im Oktober 2024 erstmals passieren, 15 Monate nach Inkrafttreten des Radgesetzes.
Ohne Vision Zero bleibt Verkehrssicherheit Herausforderung
Die größte Herausforderung bleibt die Verkehrssicherheit für den Rad- und Fußverkehr, denn in Bayern verunglückt im Schnitt mind. alle 4 Tage ein Mensch tödlich, der auf einem Fahrrad unterwegs war. Dass die „Vision Zero“, also das Ziel von null Verkehrstoten und Verletzten, keinen Eingang ins bayerische Radgesetz gefunden hat, hält die ADFC-Vorsitzende für ein grobes Versäumnis. Der Schutz von schwächeren Verkehrsteilnehmenden, insbesondere auch von Kindern und älteren Menschen, müsse oberste Priorität haben – z. B. durch Tempobeschränkungen und eine eigene, vom Kfz-Verkehr getrennte, Fuß- und Radwegführung. Die kürzlich verabschiedete Reform des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) ermögliche hoffentlich, dass Sicherheitsaspekte künftig höher priorisiert werden als die ungestörte Fahrt für KFZ.
Schließlich sei auch bei der personellen Ausstattung und der Umsetzung vor Ort weiterhin viel Luft nach oben. „Wenn Bayern auch in der Realität das selbst proklamierte Radlland werden will, muss sich für den Radverkehr noch viel verbessern“, betont Bernadette Felsch.
[1]https://bmdv.bund.de/SharedDocs/DE/Artikel/StB/bestandsaufnahme-strassen-ueberoertlich.html