ADFC Bayern - Netzwerke des ADFC Bayern

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Landesverband Bayern e. V.

Netzwerke des ADFC Bayern

 

ADFC-Frauennetzwerk in Bayern

Beim ADFC Bayern machen Frauen mobil: Der Landesverband hat im April 2018 ein Frauennetzwerk gegründet, bei dem sich inzwischen mehr als 40 Teilnehmerinnen treffen. Das ADFC-Frauennetzwerk möchte die Bedürfnisse von Frauen im Radverkehr deutlich machen und ihre Sichtweise in Diskussionen einbringen. Es fördert den Austausch und das gegenseitige Mentoring von im ADFC engagierten Frauen und stärkt deren aktiven Einsatz für den Fahrrad-Club insgesamt.

Ziele des Netzwerks sind:

  • Austausch fördern
  • Vernetzung fördern
  • Kontakte aufbauen
  • Potenziale entwickeln
  • Frauen in Vorstandspositionen stärken
  • Lern- und Qualifikationsplattform
  • mehr Frauen für das Thema Rad und den ADFC gewinnen


Sprecherinnen des Frauennetzwerks 

Amelie Ebke und Anna Volkmer aus München, Johanna Barber aus Fürth, Inge Buhl aus Bamberg und Tina Langheinrich aus Nürnberg.
 

Das Frauennetzwerk trifft sich regelmäßig online, aber auch in Präsenz.

Wenn ihr immer auf dem Laufenden sein wollt, meldet euch gerne für den Newsletter des Frauennetzwerks an unter forms.gle/MAYY3sDT1Rwvk1qx9.

Weitere Fragen und Anliegen zum Frauennetzwerk gerne per E-Mail an frauennetzwerk [at] adfc-bayern.de richten.

 

Kolumne Frauennetzwerk

Du! bist eine Gefahr für die fragile Petromaskulinität – Ein Essay von Johanna Barber

Na, da hast du den armen Kerl mal wieder hart provoziert, dass er so knapp an dir vorbeischrammen musste, dass jede weniger geübte Radlerin gestürzt wäre? Die ADFC-Kollegen schockiert, in was für Situationen frau da immer kommt, doch bei der nächsten Diskussion über die Radinfrastruktur an der Stelle kommt heraus: Auch die anderen Radlerinnen kennen das an der Stelle und die Damen, die es nicht kennen, fahren dort schon seit Jahren auf dem Gehweg oder lange Umwege, weil alles andere lebensmüde ist. Die Männer sind irritiert: Das würde ihnen auch Angst machen, ist ihnen dort aber noch nie passiert. Es sind die gleichen Strecken zu ähnlichen Zeiten, die mit ähnlichen Geschwindigkeiten, Fahrweisen und -geschicklichkeiten, teilweise sogar mit denselben Rädern gefahren werden. Warum erfahren wir Frauen da so viel mehr Aggressivität als die Männer? Warum sind für uns üble Situationen im Straßenverkehr Alltag, die für Männer seltene Extremerfahrungen sind? Die Kommentarspalten in Social Media sind sich einig: „DAS IST PROVOZIERT!“

Jetzt mag sich frau fragen: Ach echt? Mit was? Easy: 1. Wir sind Frauen und 2. Wir fahren öffentlich Rad. Oder anders formuliert: Wir nehmen uns einfach (unverschämt!) den Raum, den wir brauchen, in einem der letzten Räume, wo man toxische Männlichkeit noch nach Herzenslust ausleben kann. 

Wir sind damit augenscheinlich eine Gefahr für das beliebteste Werkzeug des fragilen kleinen Mannes, mit dem er meint, Defizite an anderer Stelle ausgleichen zu können – das Auto.

Zweifelt Mann an seinem so unglaublich wichtigen Wert als Beschützer und Ernährer, weil er nicht mal seinem Chef gegenüber „Nein“ sagen kann, lässt sich der im Gegenzug empfangene Bonus (der die dafür geleisteten Überstunden niemals kompensiert) jedenfalls in ein großes BRUMMBRUMM investieren, dessen Hubraum, mann in seinem innerstädtischen Alltag selbstverständlich mitnichten ausfahren kann. Mann nimmt sich dafür den Platz, den Mann im übrigen Alltag nicht haben kann, auf der Straße als Parkraum des fetten SUV. Mann fühlt sich wieder als gefährlicher Jäger, wenn Mann mit dem Auto mit dem Leben anderer Menschen spielt. Es lebe die Petromaskulinität!

… Doch plötzlich kommt da eine Frau – gar per Lastenrad – rein und will da auch eine Rolle spielen. Die gefährdet doch diese fragile Illusion! Wie männlichkeitsersetzend kann die Straße denn sein, wenn sie auch von einer Frau genutzt werden darf? Gar zum Kindertransport! Natürlich ist es eine Provokation, wenn die sich selbstbewusst den Platz auf der Straße nimmt, den sie braucht! 

Die natürliche Reaktion des fragilen Männchens kann also nur eines sein: Vernichtung.

Nun stellt sich damit die Frage, wie wir nun die armen Petromännchen schützen können, denn das Problem ist natürlich wie immer sehr klar DIE FRAU. 

Lange dachte Frau, dass die Lösung hier sei, selbst Auto zu fahren. Das ist der ultimative Gleichmacher, jedenfalls solange man nicht sieht, wer hinter dem Steuer sitzt. Doch Verkehrsforscher:innen zeigen: Da diskriminiert die Infrastruktur die üblichen alltäglichen Bewegungsmuster der Frau … und jede:r weiß auch was passiert, wenn Mann im fetten Sportwagen auf der Autobahn nach links guckt und sieht, dass er gerade von einer Frau überholt wird… Also auch keine Lösung.

Wie so oft haben wir es hier also mit einem systemischen Problem zu tun. Mal wieder stehen wir Frauen toxischer Männlichkeit schutzlos gegenüber, denn wie auch in so vielen anderen Bereichen, wird auch hier herzlich wenig getan, um Frauen vor pseudomännlichen Übergriffen zu schützen. Räumlich getrennte Radwege oder geschützte Kreuzungen sucht man im schönen Bayern über weite Strecken vergeblich. Oft würden schon einfache Piktogramme helfen um das übliche Mansplaining von Herren, die keine Schilder wie „Rad frei“ lesen können, einzudämmen. Doch das ist wohl ebenso zu viel verlangt, wie bessere Kontrollen bzgl. Geschwindigkeit oder Überholabstand oder mancherorts auch nur das Verfolgen von Anzeigen. 

Letztendlich stehen wir hier wie auch in vielen anderen Bereichen systemischer Diskriminierung noch ganz am Anfang und müssen erstmal behutsam entscheidungstreffenden Männern (auch da … gendern kaum nötig) erklären, dass der Anspruch des Mannes, über den Verkehrsraum der Frau zu verfügen, nun einmal ebenso wenig ok ist, wie sein Anspruch, über ihren Körper selbst zu verfügen … 

Was können wir also tun? 

Wir können zunächst einmal über unsere Erfahrungen reden. Anlasslos machen wir das bislang selten, als wäre es peinlich, wenn man aggressiv geschnitten wird. Dabei zeigt es ja nur, was für eine widerliche Person hinter dem Lenkrad saß. Wir sind alle nicht allein mit negativen Erfahrungen auf der Straße. Wir müssen uns gegenseitig stärken und organisieren. Damit diese Erfahrungen und die daraus entstehenden Bedürfnisse schließlich auch in den Runden kommuniziert werden, die wir für Veränderung brauchen, dort, wo die Verkehrsplaner:innen und Polizist:innen sitzen. Es muss endlich in die Köpfe rein, dass wir Frauen auch ein Recht auf gewaltfreie Straßen haben.

Frauen verdienen Straßen ohne Machtspielchen und frei von Angst.

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