Gegen Aggression im Straßenverkehr: Mehr Rücksichtnahme und mehr Platz fürs Rad! - ADFC Bayern
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Gegen Aggression im Straßenverkehr: Mehr Rücksichtnahme und mehr Platz fürs Rad!

Im Zuge der Diskussion um eine bessere Radinfrastruktur scheint sich rücksichtsloses Verhalten auf den Straßen zu mehren. Der ADFC Bayern klärt über Regeln auf und gibt Tipps, was Rad- und Autofahrende beachten sollten.

In Folge steigender Unfallzahlen mit Todesfolge und Verletzungen im Rad- und Fußverkehr sowie zunehmender Proteste und Radentscheide hat der Bundestag letzten Freitag erstmals über mögliche Gegenmaßnahmen debattiert. Neben dem Vorschlag einer generellen Temporeduzierung wurde auch geäußert, man solle das Fahrradfahren am besten verbieten. Der ADFC Bayern hat in den letzten Monaten die Erfahrung gemacht, dass offenbar auch nicht wenige KFZ-Fahrer*innen diese Meinung vertreten und Radfahrenden die Gefährlichkeit des Radfahrens bei Gelegenheit auch vorsätzlich „beweisen“ möchten.

Zunehmende Aggressivität gefährdet Sicherheit schwacher Verkehrsteilnehmender
Ein Münchner Familienvater, der mit zwei Kindern in einem Fahrradanhänger auf dem Weg in den Kindergarten war, hat dem ADFC beispielweise einen solchen Fall geschildert und mit seiner Unfallakte belegt. In einer engen Fahrradstraße wurde er von einer PKW-Fahrerin in einem gefährlichen Überholmanöver derart eng geschnitten, dass er scharf bremsen musste und stürzte. Den Kindern im Anhänger passierte nur mit viel Glück nichts Gravierenderes. Die Autofahrerin entfernte sich vom Unfallort, konnte anhand des Nummernschilds jedoch ermittelt werden. Gegenüber der Polizei gab sie an, sie habe im Rückspiegel gesehen, dass der Vater gestürzt sei und habe sich darüber gefreut. Schließlich habe ihr der Radfahrer kurz zuvor – angeblich – die Vorfahrt genommen. Obwohl der Familienvater Anzeige erstattete, wurde das Verfahren eingestellt. Die Begründung: Es sei kein nennenswerter Schaden entstanden und nicht nachweisbar, dass der Radfahrer nicht durch eigenes Verschulden gestürzt sei.

ADFC rät geschädigten Radfahrenden zur Rechtsberatung
Die Anzeige war wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung gestellt worden. Nach Ansicht des ADFC hätte diese mehr Aussicht auf Erfolg gehabt, wenn sie wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr gestellt worden wäre (§ 315c StGB). Der Fahrrad-Club gibt geschädigten Radfahrenden deshalb den Tipp, sich vor Erstattung einer Anzeige rechtlichen Rat einzuholen. Für Mitglieder ist die Rechtsberatung des ADFC kostenlos.
Im geschilderten Fall wurde das Verfahren nach Widerspruch gegen die Einstellung wieder aufgenommen. Der ADFC wird den weiteren Verlauf aufmerksam verfolgen.

Immer mehr Beschwerden über gefährliche Manöver gegenüber Radfahrenden
Die Landesvorsitzende des ADFC Bayern, Bernadette Felsch, stellt besorgt fest, dass das genannte Beispiel kein Einzelfall ist: „Uns erreichen immer mehr Beschwerden über gefährliche Manöver. Auch ich selbst mache immer öfter unangenehme Erfahrungen mit KFZ-Lenkenden, die ihren Frust über den zunehmenden Stress im Straßenverkehr an den neuerdings vermeintlich bevorzugten schwächeren Verkehrsteilnehmer*innen auslassen. Hupen und rüde Beschimpfungen sind nicht selten, gerne gepaart mit Belehrungen zur StVO, die im Regelfall nur die Unkenntnis der PKW-Fahrer*innen offenbaren. Dieses Verhalten erweckt vor allem den Anschein, dass lieb gewonnene und vermeintlich durch Radwegebauoffensiven gefährdete Privilegien verteidigt werden sollen.“

Mehr gegenseitige Rücksichtnahme und Perspektivenwechsel hilft allen
Hier ist ein Perspektivenwechsel gefragt: Autofahrer*innen müssen sich in die Lage von Radfahrenden versetzen können und umgekehrt. Das schafft Verständnis für die anderen am Straßenverkehr beteiligten Gruppen. „Wir wünschen uns deutlich mehr gegenseitige Rücksichtnahme von allen Verkehrsteilnehmenden. Außerdem müssen Sicherheitsbehörden und Gerichte sensibilisiert werden. Wer sich rücksichtslos verhält und im Straßenverkehr andere gefährdet, muss dafür belangt werden. Erst recht, wenn Absicht im Spiel ist. Dazu zählt auch, dass Regelverstöße, wie Radwegparken und absichtlich enges Überholen nicht einfach geduldet werden“, fordert Bernadette Felsch.

Verkehrsregeln in Fahrradstraßen und Überholabstand: Was ist erlaubt?
Viele Menschen kennen die Regeln nicht. So dürfen Radfahrende z.B. grundsätzlich auf der Fahrbahn fahren, sofern nicht durch ein Radwegschild die Benutzung eines Radweges angeordnet ist. Meist fahren Radfahrende aus gutem Grund auf der Fahrbahn, anstatt auf dem nicht benutzungspflichtigen Bordsteinradweg, z.B., weil dieser zu eng, in schlechtem Zustand, zu gefährlich oder zugestellt ist. Radfahrende mit Hupen auf den Radweg hinzuweisen ist hingegen ausdrücklich verboten. Hupen ist innerorts ausschließlich in Gefahrensituationen erlaubt.
In Fahrradstraßen dürfen alle darauf zugelassenen Fahrzeuge nur mit maximal 30 km/h fahren. Autofahrer*innen müssen ihre Geschwindigkeit noch weiter verringern und sich dem Fahrradverkehr anpassen, wenn dies nötig ist. Zu zweit nebeneinander zu fahren ist für Radfahrende auf Fahrradstraßen immer erlaubt. Kraftfahrer*innen, die eine Radlerin oder einen Radler überholen, müssen mindestens einen Abstand von 1,5 Metern bis 2 Metern einhalten, im Zweifel sogar mehr. Ist dies nicht möglich, darf nicht überholt werden.

Mehr Platz fürs Rad: Sichere Infrastruktur ist der Schlüssel
Obwohl der gestürzte Radler aus München auf einer Fahrradstraße unterwegs war, wurde er gefährlich eng überholt. Bernadette Felsch: „Viele PKW-Fahrer*innen nehmen Radfahrende auf der Fahrbahn noch immer als Störfaktor wahr, die man bedrängen und belehren darf. Vor aggressiven KFZ-Fahrenden können nur baulich getrennte Radwege schützen. Dafür braucht es jedoch deutlich mehr Platz. Die Verkehrsflächen müssen endlich gerecht verteilt werden, im Regelfall bedeutet das, es braucht mehr Platz fürs Rad!“

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Häufige Fragen von Alltagsfahrer*innen

  • Was macht der ADFC Bayern?

    Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) ist mit bundesweit mehr als 230.000 Mitgliedern, davon über 33.000 in Bayern, die größte Interessenvertretung der Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland und weltweit. Politisch engagiert sich der ADFC auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene für die konsequente Förderung des Radverkehrs. Er berät in allen Fragen rund ums Fahrrad: Recht, Technik, Tourismus.

    In Bayern wird der ADFC durch den Landesverband vertreten, der bayernweit und mit vielen Partnern die Interessen der Radfahrer*innen in Politik und (Tourismus)Wirtschaft vertritt.

    Regional engagieren sich fast ausschließlich Ehrenamtliche in über 40 Kreisverbänden und einer stetig zunehmenden Anzahl von Ortsgruppen für bessere Verhältnisse im Radverkehr. Darüber hinaus ist der ADFC der größte Anbieter von geführten Radtouren in Deutschland. Nahezu überall finden sie statt, angeboten vom ADFC vor Ort. Die Bandbreite der geführten Touren ist enorm. Das ADFC-Radtouren- und Veranstaltungsportal macht sie alle sichtbar.

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  • Was bringt mir eine ADFC-Mitgliedschaft?

    Radfahren muss sicherer und komfortabler werden. Wir nehmen dafür – auch Dank Ihrer Mitgliedschaft – nicht nur Einfluß auf Bundestagsabgeordnete, sondern setzen uns auf Landes- und Kommunalebene für die Interessen von Radfahrern ein. Für Sie hat die ADFC Mitgliedskarte aber nicht nur den Vorteil, dass wir uns für einen sicheren und komfortablen Radverkehr einsetzen: Sie können egal, wo Sie mit Ihrem Fahrrad unterwegs sind, deutschlandweit auf die AFDC-Pannenhilfe zählen. Außerdem erhalten Sie mit unserem zweimonatlich erscheinenden ADFC-Magazin Information rund um alles, was Sie als Radfahrer politisch, technisch und im Alltag bewegt. Zählen können ADFC-Mitglieder außerdem auf besonders vorteilhafte Sonderkonditionen, die wir mit Mietrad- und Carsharing-Anbietern sowie Versicherern und Ökostrom-Anbietern ausgehandelt haben. Sie sind noch kein Mitglied? Hier gelangen Sie zum Anmeldeformular.

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  • Was muss ich beachten, um mein Fahrrad verkehrssicher zu machen?

    Wie ein Fahrrad verkehrstauglich auszustatten ist, legt die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) fest. Vorgesehen sind darin zwei voneinander unabhängige Bremsen, die einen sicheren Halt ermöglichen. Für Aufmerksamkeit sorgen Radler*innen mit einer helltönenden Klingel, während zwei rutschfeste und festverschraubte Pedale nicht nur für den richtigen Antrieb sorgen. Je zwei nach vorn und hinten wirkende, gelbe Rückstrahler an den Pedalen stellen nämlich darüber hinaus sicher, dass Sie auch bei eintretender Dämmerung gut gesehen werden können. Ein rotes Rücklicht erhöht zusätzlich die Sichtbarkeit nach hinten und ein weißer Frontscheinwerfer trägt dazu bei, dass Radfahrende die vor sich liegende Strecke gut erkennen. Reflektoren oder wahlweise Reflektorstreifen an den Speichen sind ebenfalls vorgeschrieben. Hinzu kommen ein weißer Reflektor vorne und ein roter Großrückstrahler hinten, die laut StVZO zwingend vorgeschrieben sind. Ausführlichere Informationen finden sich hier. 

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  • Worauf sollte ich als Radfahrer achten?

    Menschen, die Rad fahren oder zu Fuß gehen, gehören zu den ungeschützten Verkehrsteilnehmern. Sie haben keine Knautschzone – deshalb ist es umso wichtiger, sich umsichtig im Straßenverkehr zu verhalten. Dazu gehört es, selbstbewusst als Radfahrender im Straßenverkehr aufzutreten, aber gleichzeitig defensiv zu agieren, stets vorausschauend zu fahren und mit Fehlern von anderen Verkehrsteilnehmern zu rechnen.Passen Sie Ihre Fahrweise der entsprechenden Situation an und verhalten Sie sich vorhersehbar, in dem Sie beispielsweise Ihr Abbiegen durch Handzeichen ankündigen. Halten Sie Abstand von Lkw, Lieferwagen und Kommunalfahrzeugen. Aus bestimmten Winkeln können Fahrer nicht erkennen, ob sich seitlich neben dem Lkw Radfahrende befinden. Das kann bei Abbiegemanövern zu schrecklichen Unfällen führen. Beachten Sie immer die für alle Verkehrsteilnehmer gültigen Regeln – und seien Sie nicht als Geisterfahrer auf Straßen und Radwegen unterwegs.

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  • Was ist der Unterschied zwischen Pedelecs und E-Bikes?

    Das Angebot an Elektrofahrrädern teilt sich in unterschiedliche Kategorien auf: Es gibt Pedelecs, schnelle Pedelecs und E-Bikes. Pedelecs sind Fahrräder, die durch einen Elektromotor bis 25 km/h unterstützt werden, wenn der Fahrer in die Pedale tritt. Bei Geschwindigkeiten über 25 km/h regelt der Motor runter. Das schnelle Pedelec unterstützt Fahrende beim Treten bis zu einer Geschwindigkeit von 45 km/h. Damit gilt das S-Pedelec als Kleinkraftrad und für die Benutzung sind ein Versicherungskennzeichen, eine Betriebserlaubnis und eine Fahrerlaubnis der Klasse AM sowie das Tragen eines Helms vorgeschrieben. Ein E-Bike hingegen ist ein Elektro-Mofa, das Radfahrende bis 25 km/h unterstützt, auch wenn diese nicht in die Pedale treten. Für E-Bikes gibt es keine Helmpflicht, aber Versicherungskennzeichen, Betriebserlaubnis und mindestens ein Mofa-Führerschein sind notwendig. E-Bikes spielen am Markt keine große Rolle. Dennoch wird der Begriff E-Bike oft benutzt, obwohl eigentlich Pedelecs gemeint sind – rein rechtlich gibt es große Unterschiede zwischen Pedelecs und E-Bikes.

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  • Gibt es vom ADFC empfohlene Radtouren für meine Reiseplanung?

    Wir können die Frage eindeutig bejahen, wobei wir Ihnen die Auswahl dennoch nicht leicht machen: Der ADFC-Radurlaubsplaner „Deutschland per Rad entdecken“ stellt Ihnen mehr als 165 ausgewählte Radrouten in Deutschland vor. Zusätzlich vergibt der ADFC Sterne für Radrouten. Ähnlich wie bei Hotels sind bis zu fünf Sterne für eine ausgezeichnete Qualität möglich. Durch die Sterne erkennen Sie auf einen Blick mit welcher Güte Sie bei den ADFC-Qualitätsradrouten rechnen können.

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  • Wo bekomme ich Fahrradkarten für Bayern?

    Mit mehr als 2,8 Millionen verkauften Exemplaren gehören die ADFC Radtourenkarten weltweit zu den Bestellern unter den Fahrradkarten. Sie sind nicht nur aufgrund ihres Maßstabs (1:150.000) besonders praktisch für die Radreise. Darüber hinaus haben versierte ADFC-Scouts, die sich auf die Bedürfnisse von Radfahrern verstehen, die Strecken wortwörtlich er-fahren. Finden Sie eine Vielzahl unterschiedlicher Karten im Buchhandel oder in ADFC Infoläden, aber auch direkt beim Bielefelder Verlag BVA (Tel.: 0521 595540, E-Mail: bestellung@bva-bielefeld.de) und natürlich bequem unter www.fahrrad-buecher-karten.de

    Ein besonderes Angebot für familienfreundliches Radfahren in ganz Bayern entstand mit dem „Bayernnetz für Radler“. Seit 1997 wird das Kartenmaterial kontinuierlich weiterentwickelt und erschließt alle Landesteile Bayerns. Der interaktive Kartendienst kann über http://www.bay-rad.de/radler/index.htm genutzt werden. Ergänzt wird das Angebot durch den BayernAtlas, den Kartenservice des Bayerischen Landesamtes für Digitalisierung, Breitband und Vermessung.

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