Wie wird Deine Stadt fahrradfreundlich? - ADFC Bayern

Wie wird Deine Stadt fahrradfreundlich?

Beim 34. ADFC-Mittagsgespräch sprach James Thoem, Direktor der Copenhagenize Design Company, darüber, wie wir unsere Städte fahrradfreundlich gestalten können. Voraussetzung: Der politische Wille muss da sein.

Referent James Thoem beim 34. ADFC-Mittagsgespräch
Referent James Thoem beim 34. ADFC-Mittagsgespräch © Werner Müller I ADFC Bayern

Nach einer Corona-bedingten Auszeit kann endlich die beliebte Veranstaltungsreihe des ADFC Bayern fortgesetzt werden. Für die 34. Ausgabe des ADFC-Mittagsgesprächs versammelten sich die Gäste im Deutschen Museum Verkehrszentrum, wo Dr. Bettina Gundler, Leiterin Hauptabteilung Landverkehr
und Verkehrszentrum, alle Anwesenden empfing. Die Landesvorsitzende des ADFC Bayern, Bernadette Felsch, begrüßte das Publikum und zog gleich ein kurzes Resümee zur gerade beendeten IAA Mobility, die laut Ankündigung eigentlich eine ganzheitliche Mobilitätsmesse werden sollte und deshalb neben Autos erstmals auch Fahrräder ausstellte. Letztlich sei die IAA Mobility aber dennoch eine reine Fahrzeugmesse geblieben, denn das Thema Infrastruktur habe komplett gefehlt und was nütze das beste Fahrzeug ohne passende Infrastruktur?"


Bei der Fahrradförderung bleibt noch viel Luft nach oben

Die IAA und der 1. Münchner Mobilitätskongress hatten in der vorherigen Woche deutlich gemacht, dass beim Thema Fahrradförderung noch viel Luft nach oben bleibt. Wie wir unsere Städte fahrradfreundlich gestalten können und was dazu nötig ist, darüber referierte James Thoem, der die renommierte Copenhagenize Design Company mit Sitz in Kopenhagen leitet.

„Alle unsere Städte waren irgendwann fahrradfreundlich. Radwege in Netzen zu organisieren ist nichts Neues. Erst mit dem Aufstieg des Automobils und dem damit verbundenen größten Paradigmenwechsel in der Geschichte unserer Städte hat sich dies drastisch geändert“, stellte James Thoem gleich zu Beginn seines Vortrags fest. Auch Kopenhagen war nicht immer fahrradfreundlich. In den 1970er Jahren war die Stadt sehr aufs Auto fokussiert. Es ging darum, möglichst viele Menschen mit Auto auf den Straßen voranzubringen. Heute sei das komplett anders.
 

Kfz-Verkehr fließt auf Kosten aller Verkehrsteilnehmenden

Wo in den 1920er Jahren direkte Wege für den Rad- und Fußverkehr Normalität waren, wurden diese ab 1950 immer länger und umständlicher, auch für den Öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV). Bis heute gilt in den Städten die Devise: Der Kfz-Verkehr muss fließen – und dabei wird in Kauf genommen, dass dies auf Kosten aller anderen Mobilitätsformen geht. „Wir hatten schon einmal fahrradfreundliche Städte und wir können sie wieder erschaffen“, zeigte sich Thoem überzeugt.
 

Fair aufgeteilter Straßenraum und lebenswerte Städte sind die Lösung

Die Zeiten ändern sich und damit auch die autozentrierte Sichtweise von Verkehrsplaner*innen. Die Vision von lebenswerten Städten und die faire Verteilung des öffentlichen Raums unter allen Verkehrsteilnehmenden erhalten immer stärker Einzug in die Debatte um Lösungen für stau- und lärmgeplagte Städte. Ein Ansatz in Kopenhagen ist, die Wege nur noch für die umweltfreundlichen Verkehrsarten direkter und komfortabler zu planen und damit noch mehr Anreiz zu schaffen, sich zu Fuß, mit dem Rad oder dem ÖPNV fortzubewegen.
 

Fokus weg vom Auto und auf die Menschen

Anstatt der Frage „Wie viele Autos kann ich durch die Straßen bewegen?“ muss es angesichts zu vieler verunglückter Radfahrer*innen, schlechter Luft und verfehlter Klimaziele heute heißen: „Wie viele Menschen kann ich durch die Straßen bewegen?“. Dahinter steckt einfache Mathematik. So passen beispielsweise zehn Fahrräder auf die gleiche Fläche, die ein Auto einnimmt. Wird dem Autoverkehr Platz weggenommen und dem Rad- und Fußverkehr sowie dem ÖPNV zugesprochen, lassen sich viele der bestehenden Probleme auf einmal lösen.

Eine Beobachtung, die James Thoem auf der ganzen Welt macht, ist: Wenn man Radinfrastruktur baut, wird sie auch genutzt. Die Gründe dafür liegen primär nicht in einem gesteigerten Umweltbewußtsein der radfahrenden Bevölkerung. Die Kopenhagener*innen zum Beispiel nutzen das Fahrrad hauptsächlich, weil es das schnellste Fortbewegungsmittel in der Stadt ist und weil es einfach ist. Auch gesundheitliche Aspekte spielen eine Rolle. Denn Menschen, die das ganze Jahr mit dem Rad unterwegs sind, sind einfach weniger krank. Die niedrigen Kosten sind für viele ebenfalls ein Argument, Fahrrad zu fahren.
 

Infrastruktur: Wenn du sie baust, wird sie genutzt

Die Copenhagenize Design Company berät Städte in vielen Ländern der Welt. Der politische Prozess hin zur fahrradfreundlichen Stadt ist Thoems Erfahrung nach sehr unterschiedlich. Das Ergebnis hingegen ist immer das gleiche: Wenn man eine einladende Infrastruktur baut, wie breite und komfortable Radwege, dann fahren die Menschen Fahrrad.

Vielen Dank an das Deutsche Museum Verkehrszentrum für die tolle Location und an JobRad für das leckere Essen.


https://bayern.adfc.de/neuigkeit/wie-wird-deine-stadt-fahrradfreundlich-1

Häufige Fragen von Alltagsfahrer*innen

  • Was macht der ADFC Bayern?

    Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) ist mit bundesweit mehr als 230.000 Mitgliedern, davon über 33.000 in Bayern, die größte Interessenvertretung der Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland und weltweit. Politisch engagiert sich der ADFC auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene für die konsequente Förderung des Radverkehrs. Er berät in allen Fragen rund ums Fahrrad: Recht, Technik, Tourismus.

    In Bayern wird der ADFC durch den Landesverband vertreten, der bayernweit und mit vielen Partnern die Interessen der Radfahrer*innen in Politik und (Tourismus)Wirtschaft vertritt.

    Regional engagieren sich fast ausschließlich Ehrenamtliche in über 40 Kreisverbänden und einer stetig zunehmenden Anzahl von Ortsgruppen für bessere Verhältnisse im Radverkehr. Darüber hinaus ist der ADFC der größte Anbieter von geführten Radtouren in Deutschland. Nahezu überall finden sie statt, angeboten vom ADFC vor Ort. Die Bandbreite der geführten Touren ist enorm. Das ADFC-Radtouren- und Veranstaltungsportal macht sie alle sichtbar.

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  • Was bringt mir eine ADFC-Mitgliedschaft?

    Radfahren muss sicherer und komfortabler werden. Wir nehmen dafür – auch Dank Ihrer Mitgliedschaft – nicht nur Einfluß auf Bundestagsabgeordnete, sondern setzen uns auf Landes- und Kommunalebene für die Interessen von Radfahrern ein. Für Sie hat die ADFC Mitgliedskarte aber nicht nur den Vorteil, dass wir uns für einen sicheren und komfortablen Radverkehr einsetzen: Sie können egal, wo Sie mit Ihrem Fahrrad unterwegs sind, deutschlandweit auf die AFDC-Pannenhilfe zählen. Außerdem erhalten Sie mit unserem zweimonatlich erscheinenden ADFC-Magazin Information rund um alles, was Sie als Radfahrer politisch, technisch und im Alltag bewegt. Zählen können ADFC-Mitglieder außerdem auf besonders vorteilhafte Sonderkonditionen, die wir mit Mietrad- und Carsharing-Anbietern sowie Versicherern und Ökostrom-Anbietern ausgehandelt haben. Sie sind noch kein Mitglied? Hier gelangen Sie zum Anmeldeformular.

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  • Was muss ich beachten, um mein Fahrrad verkehrssicher zu machen?

    Wie ein Fahrrad verkehrstauglich auszustatten ist, legt die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) fest. Vorgesehen sind darin zwei voneinander unabhängige Bremsen, die einen sicheren Halt ermöglichen. Für Aufmerksamkeit sorgen Radler*innen mit einer helltönenden Klingel, während zwei rutschfeste und festverschraubte Pedale nicht nur für den richtigen Antrieb sorgen. Je zwei nach vorn und hinten wirkende, gelbe Rückstrahler an den Pedalen stellen nämlich darüber hinaus sicher, dass Sie auch bei eintretender Dämmerung gut gesehen werden können. Ein rotes Rücklicht erhöht zusätzlich die Sichtbarkeit nach hinten und ein weißer Frontscheinwerfer trägt dazu bei, dass Radfahrende die vor sich liegende Strecke gut erkennen. Reflektoren oder wahlweise Reflektorstreifen an den Speichen sind ebenfalls vorgeschrieben. Hinzu kommen ein weißer Reflektor vorne und ein roter Großrückstrahler hinten, die laut StVZO zwingend vorgeschrieben sind. Ausführlichere Informationen finden sich hier. 

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  • Worauf sollte ich als Radfahrer achten?

    Menschen, die Rad fahren oder zu Fuß gehen, gehören zu den ungeschützten Verkehrsteilnehmern. Sie haben keine Knautschzone – deshalb ist es umso wichtiger, sich umsichtig im Straßenverkehr zu verhalten. Dazu gehört es, selbstbewusst als Radfahrender im Straßenverkehr aufzutreten, aber gleichzeitig defensiv zu agieren, stets vorausschauend zu fahren und mit Fehlern von anderen Verkehrsteilnehmern zu rechnen.Passen Sie Ihre Fahrweise der entsprechenden Situation an und verhalten Sie sich vorhersehbar, in dem Sie beispielsweise Ihr Abbiegen durch Handzeichen ankündigen. Halten Sie Abstand von Lkw, Lieferwagen und Kommunalfahrzeugen. Aus bestimmten Winkeln können Fahrer nicht erkennen, ob sich seitlich neben dem Lkw Radfahrende befinden. Das kann bei Abbiegemanövern zu schrecklichen Unfällen führen. Beachten Sie immer die für alle Verkehrsteilnehmer gültigen Regeln – und seien Sie nicht als Geisterfahrer auf Straßen und Radwegen unterwegs.

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  • Was ist der Unterschied zwischen Pedelecs und E-Bikes?

    Das Angebot an Elektrofahrrädern teilt sich in unterschiedliche Kategorien auf: Es gibt Pedelecs, schnelle Pedelecs und E-Bikes. Pedelecs sind Fahrräder, die durch einen Elektromotor bis 25 km/h unterstützt werden, wenn der Fahrer in die Pedale tritt. Bei Geschwindigkeiten über 25 km/h regelt der Motor runter. Das schnelle Pedelec unterstützt Fahrende beim Treten bis zu einer Geschwindigkeit von 45 km/h. Damit gilt das S-Pedelec als Kleinkraftrad und für die Benutzung sind ein Versicherungskennzeichen, eine Betriebserlaubnis und eine Fahrerlaubnis der Klasse AM sowie das Tragen eines Helms vorgeschrieben. Ein E-Bike hingegen ist ein Elektro-Mofa, das Radfahrende bis 25 km/h unterstützt, auch wenn diese nicht in die Pedale treten. Für E-Bikes gibt es keine Helmpflicht, aber Versicherungskennzeichen, Betriebserlaubnis und mindestens ein Mofa-Führerschein sind notwendig. E-Bikes spielen am Markt keine große Rolle. Dennoch wird der Begriff E-Bike oft benutzt, obwohl eigentlich Pedelecs gemeint sind – rein rechtlich gibt es große Unterschiede zwischen Pedelecs und E-Bikes.

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  • Gibt es vom ADFC empfohlene Radtouren für meine Reiseplanung?

    Wir können die Frage eindeutig bejahen, wobei wir Ihnen die Auswahl dennoch nicht leicht machen: Der ADFC-Radurlaubsplaner „Deutschland per Rad entdecken“ stellt Ihnen mehr als 165 ausgewählte Radrouten in Deutschland vor. Zusätzlich vergibt der ADFC Sterne für Radrouten. Ähnlich wie bei Hotels sind bis zu fünf Sterne für eine ausgezeichnete Qualität möglich. Durch die Sterne erkennen Sie auf einen Blick mit welcher Güte Sie bei den ADFC-Qualitätsradrouten rechnen können.

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  • Wo bekomme ich Fahrradkarten für Bayern?

    Mit mehr als 2,8 Millionen verkauften Exemplaren gehören die ADFC Radtourenkarten weltweit zu den Bestellern unter den Fahrradkarten. Sie sind nicht nur aufgrund ihres Maßstabs (1:150.000) besonders praktisch für die Radreise. Darüber hinaus haben versierte ADFC-Scouts, die sich auf die Bedürfnisse von Radfahrern verstehen, die Strecken wortwörtlich er-fahren. Finden Sie eine Vielzahl unterschiedlicher Karten im Buchhandel oder in ADFC Infoläden, aber auch direkt beim Bielefelder Verlag BVA (Tel.: 0521 595540, E-Mail: bestellung@bva-bielefeld.de) und natürlich bequem unter www.fahrrad-buecher-karten.de

    Ein besonderes Angebot für familienfreundliches Radfahren in ganz Bayern entstand mit dem „Bayernnetz für Radler“. Seit 1997 wird das Kartenmaterial kontinuierlich weiterentwickelt und erschließt alle Landesteile Bayerns. Der interaktive Kartendienst kann über http://www.bay-rad.de/radler/index.htm genutzt werden. Ergänzt wird das Angebot durch den BayernAtlas, den Kartenservice des Bayerischen Landesamtes für Digitalisierung, Breitband und Vermessung.

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