Was versprechen die Landtagsparteien für den Radverkehr?
Am 8. Oktober ist Landtagswahl in Bayern. Der ADFC Bayern hat die Landtagsparteien Bündnis 90/Die Grünen, CSU, FDP, Freie Wähler und SPD im Rahmen des gemeinsamen Wahlprüfstein-Verfahrens für Verbände befragt.
Die Antworten der Parteien auf die acht vom ADFC Bayern formulierten Wahlprüfstein-Fragen stehen auch rechts im blauen Medienkasten.
Zudem wurden die Wahlprogramme dieser im Landtag vertretenen Parteien unter die Lupe genommen und eine Zusammenfassung der fahrradbezogenen Inhalte erstellt. Lediglich die AfD wurde nicht gefragt, weil sie nicht an dem gemeinsamen Wahlprüfstein-Verfahren teilgenommen und im Rahmen der Anhörungen zum Radverkehr und zum Radgesetz bereits sehr deutlich gemacht hatte, was sie von Radverkehrsförderung hält: Nichts!
Die in Bayern bisher - und voraussichtlich auch künftig - nicht im Landtag vertreten Parteien ÖDP, VOLT, Die Linken und Die Piraten waren (neben SPD und den Grünen) Bündnispartner in der Volksbegehrensinitiative Radentscheid Bayern. Sie haben schon damit klar gemacht, dass ihnen der Radverkehr ein sehr wichtiges Anliegen ist und das spiegelt sich auch in den Wahlprogrammen dieser Parteien wider. Auch im Rahmen unsere Podiumsdiskussion zur Landtagswahl hat sich das bestätigt. Vom ADFC Bayern gibt es deshalb für diese „kleinen“ Parteien einen Ehrenpreis und der Fahrrad-Club bedauert sehr, dass sie auf der großen politischen Bayern-Bühne bis dato nicht mitspielen.
Wie viel Fahrrad steckt in den Parteiprogrammen der demokratischen Landtagsparteien?
Fazit des ADFC Bayern
Die gute Nachricht ist: In den Parteiprogrammen aller befragten Parteien spielt das Fahrrad eine Rolle. Im Vergleich zur Landtagswahl 2018 ist das eine positive Entwicklung, die zeigt, dass die Relevanz des Radverkehrs endlich von allen Parteien erkannt wurde (In ihrem Parteiprogramm zur Landtagswahl 2018 hatte die CSU das Fahrrad noch mit keiner Silbe erwähnt).
Im Wahlprogramm von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN findet das Fahrrad mit 44 Nennungen mit Abstand die häufigste Erwähnung. Dass die Partei dem Fahrrad einen sehr hohen Stellenwert einräumt, hat sie 2021 – ebenso wie die SPD – mit einem eigenen Radgesetzentwurf gezeigt. Beide Radgesetzentwürfe wurden von allen anderen Landtagsparteien abgelehnt. Infolge der Ablehnung ihres Gesetzesentwurfs durch die Landtagsmehrheit wurden Die Grünen Unterstützer der Volksbegehrensinitiative „Radentscheid Bayern“, die ein Radgesetz für Bayern forderte, das Zuständigkeiten, Verfahren und Standards so regelt, dass eine flächendeckend sichere Radinfrastruktur endlich rasch geplant und gebaut werden kann.
Wahlprogramm und Antworten auf die Wahlprüfsteinfragen zeigen u.a.: Die Grünen wollen Bus und Bahn mit dem Fahrrad verknüpfen, indem sie mehr sichere, überdachte Abstellplätze für Fahrräder an Bahnhöfen und Bushaltestellen schaffen. Darüber hinaus soll die Fahrradmitnahme in Bus und Bahn erleichtert und zudem kostenlos werden. Als einzige Partei verpflichten sich Die Grünen zur Vision Zero – also zum Ziel, dass es keine Verkehrstoten auf Bayerns Straßen und Wegen mehr gibt. Zudem benennen sie das Ziel, bis 2030 den Radverkehrsanteil von 11 auf 25 Prozent zu steigern. Mit der Schaffung einer alltagstauglichen, flächendeckenden attraktiven und sicheren Radinfrastruktur, eines bayernweiten Radschnellwege-Netzes und zeitgemäßen Radwegen an allen innerörtlichen Hauptstraßen, an Bundes- und Staatsstraßen benennt die Partei weitere detaillierte Maßnahmen zur Förderung des Radverkehrs. Insgesamt erhalten die Grünen mit 5 Fahrrädern die beste Bewertung für die Fahrradfreundlichkeit.
Die CSU gibt – im Gegensatz zu 2018 – in ihrem Wahlprogramm an, den Radverkehr stärken zu wollen. Ziel soll die deutliche Erhöhung des Radverkehrsanteils sein. Wie hoch dieser Anteil bis zu welchem Zeitpunkt sein soll, dazu schreibt die Partei allerdings nichts. Stattdessen wird das Ziel aus dem kürzlich verabschiedeten Bayerischen Radgesetz zitiert, bis 2030 1.500 km neue Radwege zu bauen und ein landesweit durchgängiges Radverbindungsnetz zu schaffen. Der Radentscheid Bayern hat allerdings ausgerechnet, dass es bei den so versprochen 91 Metern pro Jahr und Gemeinde bis 2060 dauern würde, bis die Lücken im bayerischen Radverkehrsnetz geschlossen wären. Auch die Fahrradmitnahme in S-Bahn und Regionalverkehr für das im neuen Radgesetz angekündigte 1-Euro-Ticket findet Erwähnung im Parteiprogramm. Der ADFC Bayern bemängeln, dass die CSU ein Radgesetz im letzten Landtagswahlkampf und bis 2021 strikt abgelehnt und erst durch Druck des Radentscheids Bayern die Meinung geändert hat. Anstatt aber wie die Länder Berlin, NRW und Brandenburg die Radentscheidbewegung an der Radgesetzerarbeitung zu beteiligen, hat die CSU schnell ein eigenes abgespecktes Radgesetz durchgepeitscht, das erst beweisen muss, dass es mehr ist als – wie bisher – eine reine Absichtserklärung. Immerhin wurden die zuvor sehr spärlichen Ressourcen für den Radverkehr ungefähr verdoppelt: Angesichts des vergleichsweise großen Schritts, den die CSU damit gemacht hat, vergeben wir 2 Fahrräder an die CSU. Als Regierungspartei könnte die CSU allerdings noch deutlich mehr bewegen.
Die FDP fordert in ihrem Wahlprogramm den Ausbau von Radwegen und neuen Radschnellwegen in Bayern und befürwortet eine bauliche Trennung von Radwegen. Auch gibt die Partei an, sich für den Bau von sicheren und überdachten Fahrradparkhäusern einzusetzen. Das Fahrrad wird als gleichberechtigtes Verkehrsmittel ausschließlich im urbanen Kontext, also bezogen auf Städte genannt. Dass das Fahrrad als wichtiger und sinnvoller Baustein der Verkehrswende auch im ländlichen Raum Einsatz findet, wird nicht erwähnt. Der ADFC Bayern ist der Meinung, da ginge noch mehr. Auch zum Radentscheid Bayern wollte sich die FDP nicht so recht positionieren. Lobenswert findet der Fahrradclub, dass der Vorsitzende des Verkehrsausschusses, Sebastian Körber von der FDP, bereits zu Beginn der Legislatur eine Radverkehrsanhörung durchgeführt hat. Die FDP erhält für diesen relativ großen Fortschritt gegenüber 2018 deshalb – wie die CSU – 2 Fahrräder.
In ihrem Wahlprogramm geben die Freien Wähler an, das Fahrrad mit dem ÖPNV durch mehr Fahrradabstellanlagen an Bahnhöfen vernetzen zu wollen. Auch der Bau von Radschnellwegen wird explizit genannt. Das war es dann aber auch schon zum Fahrrad. Obwohl der Chef der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, vor der letzten Wahl ein Radgesetz befürwortet hatte, hat seine Partei die Radgesetzentwürfe von SPD und Grünen abgelehnt und wollte sich auch nicht am Radentscheid Bayern beteiligen. Den Radgesetzentwurf der CSU haben die Freien Wähler ohne jeden Verbesserungsvorschlag abgenickt. Auch im Wahlprogramm der Freien Wähler spielt das Fahrrad kaum eine Rolle. Der ADFC Bayern vergibt deshalb nur 1 Fahrrad für die Fahrradfreundlichkeit der Freien Wähler.
Die SPD gibt in ihrem Wahlprogramm an, auf die Stärkung des Fahrrads zu setzen und den Ausbau der Radinfrastruktur voranzutreiben. Dafür sollen u.a. 35 Radschnellwege gebaut werden. Im Zuge der Stärkung des Öffentlichen Verkehrs sollen an Knotenpunkten Garagen für Fahrräder und E-Bikes entstehen. Dass die SPD es ernst meint mit der Förderung des Radverkehrs, hat die Partei 2021 mit der Vorlage eines eigenen Radgesetz-Entwurfs bewiesen. Nach Ablehnung ihres Gesetzentwurfs hat sich die SPD von Anfang an dem Bündnis „Radentscheid Bayern“ angeschlossen, das mit einer Volksbegehrensinitiative ein wirksames Radgesetz für Bayern forderte. Die SPD gab sich im Bündnis allerdings relativ zurückhaltend und das Fahrrad findet an gerade mal vier Stellen im aktuellen Parteiprogramm Erwähnung. Die Fahrradfreundlichkeit der SPD bewertet der ADFC Bayern in Summe deshalb mit knapp 4 Fahrrädern.